Einleitung
Ohne eine intakte Darmflora ist keine gesunde Verdauung möglich – sie einfach, so klar. Doch die Darmflora, auch Mikrobiom genannt, kann noch weit mehr. Sie ist wichtig für unsere allgemeine Gesundheit, da sie die Darmzellen mit Energie versorgt, die Barrierefunktion des Darms aufrechterhält, verhindert, dass sich Krankheitserreger ausbreiten und dazu beiträgt, dass unser Immunsystem gut funktioniert. Neueste Forschungen haben zudem ergeben, dass die Darmflora gerade für Frauen in den Wechseljahren von größter Bedeutung ist. Denn ein gesundes Darmmikrobiom trägt dazu bei, die mit den hormonellen Veränderungen in dieser Phase einhergehenden typischen Beschwerden wie Hitzewallungen, Schlafstörungen und Stimmungsschwankungen zu reduzieren. Deshalb sollte sich jede Frau – erst recht in den Wechseljahren – ganz besonders gut um ihre Darmgesundheit kümmern.
Was ist die Darmflora?
Bis zu eintausend verschiedene Bakterienarten leben im menschlichen Darm, sowie eine Vielzahl an Mikroorganismen (zum Beispiel Hefepilze, Viren und Urbakterien). Als Darmflora (auch intestinale Mikrobiota oder intestinales Mikrobiom genannt) wird die Gesamtheit der Mikroorganismen bezeichnet, die den Darm besiedelt und für unsere Gesundheit von entscheidender Bedeutung ist. Die Bakterien zersetzen die Nahrung, helfen so, die Darmzellen mit Energie zu versorgen und die Barrierefunktion aufrechtzuerhalten. Je mehr „gute“ Bakterien die Darmwand besiedeln, umso weniger Platz bleibt für „schlechte“, also krankmachende, Bakterien.
Veränderungen während der Wechseljahre
Während der Wechseljahre verändert sich der Hormonhaushalt des weiblichen Körpers. Die Produktion von Östrogen und Progesteron in den Eierstöcken nimmt ab, bis schließlich kein Eisprung mehr stattfindet. Bei vielen Frauen führt dies zu typischen Wechseljahrbeschwerden wie Hitzewallungen, Gewichtszunahme, Schlafstörungen und Stimmungsschwankungen. Sie können in den verschiedenen Phasen der Wechseljahre unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Generell wird diese Zeit im Leben einer Frau in vier Phasen eingeteilt.
Die Prämenopause
In dieser Phase kommt es häufig zu Unregelmäßigkeiten im Zyklus, meist begleitet von leichten Wechseljahrbeschwerden. Die Prämenopause beginnt in der Regel um das 40. Lebensjahr einer Frau herum und kann sich zwischen zwei und sieben Jahren hinziehen.
Die Perimenopause
Sie umfasst den Zeitraum, bevor die Periode endgültig ausbleibt und wird von vielen Frauen als die unangenehmste Phase empfunden. Die Eierstöcke produzieren die Hormone Östrogen und Progesteron nicht mehr so regelmäßig wie in den Jahren zuvor. Die Zahl der Eizellen nimmt ab. In manchen Monaten werden gar keine Eizellen mehr freigegeben, in anderen mehrere. Häufig leiden die betroffenen Frauen in dieser Phase unter Scheidentrockenheit, Hitzewallungen und Schlafproblemen. Das Durchschnittsalter, in dem sich Frauen in der Perimenopause befinden, liegt bei 47,5 Jahren.
Die Menopause
Die Menopause ist erreicht, wenn die letzte Periode einer Frau ein Jahr zurückliegt. Die fruchtbare Lebensphase der Frau ist beendet. Dies geschieht meist zwischen dem 45. und 55. Lebensjahr
Die Postmenopause
Östrogen und Progesteron werden nur noch in sehr geringem Maße produziert. Der weibliche Körper braucht durchschnittlich zwei bis fünf Jahre um sich auf den sinkenden Hormonspiegel einzustellen. Auch in dieser Phase sind Hitzewallungen und Scheidentrockenheit verbreitet. Häufig kommen außerdem Harninkontinenz und Schmerzen beim Geschlechtsverkehr hinzu. Langfristig sind zudem Erkrankungen wie Osteoporose (Knochenschwund), Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit) oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen möglich.
Auswirkungen der Wechseljahre auf Stoffwechsel, Immunsystem und Verdauung
In den Wechseljahren verändert sich der Hormonhaushalt der Frauen. Insbesondere das Absinken des Östrogenspiegels hat dabei Auswirkungen auf den Stoffwechsel. Er wird langsamer und der Körper verbrennt weniger Energie, der tägliche Kalorienbedarf sinkt. Bei vielen Frauen führt dies zu einer ungewollten Gewichtszunahme. Außerdem kann der Östrogenrückgang zu Darmträgheit, Blähungen und Verstopfung führen. Darüber hinaus leiden viele Frauen in den Wechseljahren an häufigen Infekten. Ein Grund dafür ist, dass die Schleimhäute dünner werden und oft trocken sind. All diese negativen Begleiterscheinungen muss eine Frau jedoch nicht einfach hinnehmen! Denn es ist möglich, aktiv etwas dafür zu tun, dass das Darmmikrobiom stark und gesund bleibt.
Wechselwirkungen zwischen Darmflora und Hormonen
Der Darm produziert selbst einige Hormone (zum Beispiel die Glückshormone Dopamin und Serotonin sowie das Schlafhormon Melatonin). In welcher Menge dies geschieht, ist abhängig von der Zusammensetzung der Darmflora. Außerdem beeinflusst das Darmmikrobiom unseren Hormonstoffwechsel. Dies gilt insbesondere für die Verwertung von Östrogen.
Rolle der Darmflora beim Abbau von Östrogenen
Das Mikrobiom hat großen Einfluss auf den Hormonhaushalt in den Wechseljahren und ist maßgeblich an der Umwandlung von Hormonen beteiligt. Dies gilt besonders für den Abbau und das Ausscheiden verbrauchter Östrogene. Die Darmflora kann dieser Aufgabe aber nur nachkommen, wenn sie gesund ist. Ist dies nicht der Fall, sammeln sich verbrauchte Östrogene an. Ein gestörter Hormonhaushalt und typische Wechseljahrbeschwerden sind die Folge. Aktuelle Forschungsergebnisse machen jedoch Hoffnung. Sie legen nahe, dass die Entstehung hormonell bedingter Erkrankungen wie zum Beispiel Osteoporose beeinflusst und im Idealfall sogar verhindert werden kann.
Folgen einer gestörten Darmflora in den Wechseljahren
Herrscht in der Darmflora ein hormonelles Ungleichgewicht, wie es in den Wechseljahren durch das Sinken das Östrogen- und Progesteronspiegels häufig der Fall ist, so nimmt die Vielfalt der Bakterienstämme im Darmmikrobiom ab. Der Stoffwechsel verlangsamt sich. Die Folge können typische Wechseljahrbeschwerden wie Hitzewallungen, Stimmungsschwankungen und Gewichtszunahme sein. Da durch den Rückgang von Östrogen und Progesteron die Nahrung außerdem langsamer verdaut wird, klagen viele Frauen zudem über Blähungen und Übelkeit sowie über Unverträglichkeiten, besonders in Bezug auf Zucker, Milchprodukte und Hefe. Die Beschwerden lassen sich jedoch durch eine gezielte Stärkung des Darmmikrobioms lindern oder sogar ganz beseitigen – dies zeigen aktuelle Studien.
Einfluss des Mikrobioms auf chronische Entzündungen und Erkrankungen
Vieles deutet inzwischen darauf hin, dass ein gestörtes Mikrobiom mit zahlreichen, teils sehr schwerwiegenden Erkrankungen in Zusammenhang stehen kann. Dazu gehören chronisch-entzündliche Darmerkrankungen, Allergien, Osteoporose, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Allergien, Adipositas, Diabetes mellitus, Parkinson und sogar Depressionen und Demenz. Nicht vollständig geklärt ist bisher, ob die Veränderungen der Darmflora die Erkrankungen auslösen oder ob sie eine Folge davon sind.
Unterstützung der Darmflora während der Wechseljahre
Gerade während der Wechseljahre und den damit verbundenen hormonellen Veränderungen, ist es wichtig, die Darmflora zu unterstützen. Die richtige Ernährung ist ein erster Schritt. Doch es gehört mehr dazu, denn der Darm reagiert nicht nur auf das, was wir essen, sondern auch auf unsere Emotionen und darauf, wie wir leben. Die Unterstützung des Darmmikrobioms ist also eine umfassende und tägliche Aufgabe, die aber, wenn man ein paar Regeln beachtet, sehr gut gelingen kann.
Die richtige Ernährung ist wichtig:
Ballaststoffe
Ballaststoffreiche Kost hilft, den Stuhlgang aufzulockern, Giftstoffe zu entfernen und Verstopfung vorzubeugen. Außerdem sind Ballaststoffe eine wichtige Nahrung für nützliche Darmbakterien. Gute Ballaststofflieferanten sind zum Beispiel gemahlene Leinsamen, Zwiebeln, Knoblauch, Getreide, Bohnen, Topinambur, Lauch, Bananen und Himbeeren.
Fermentierte Lebensmittel
Fermentierte Lebensmittel sind richtige (Fast-)Alleskönner. Sie unterstützen nicht nur den Darm und die Leber, sie verbessern außerdem den Hormonhaushalt, sorgen für besseren Schlaf und eine positivere Stimmung. Allerdings sollten fermentierte Lebensmittel der gewohnten Ernährung nur Schritt für Schritt und nicht in zu großen Mengen zugefügt werden, da ansonsten Blähungen und Völlegefühl die Folge sein können. Zu den fermentierten Lebensmitteln gehören zum Beispiel Naturjoghurt, Kefir, Kombucha, Miso und Kimchi.
Proteine
Auch eine proteinhaltige Ernährung wirkt sich positiv auf den Darm aus – und damit auf unser Wohlbefinden. Proteine sind notwendig, um Hormone und Neurotransmitter aufzubauen. Außerdem wird im Darm ein Großteil des Hormons Serotonin produziert, das als stimmungsaufhellend gilt. Es ist möglich, die Serotoninproduktion mithilfe von Nahrungsmitteln zu unterstützen, die die Aminosäure Tryptophan enthalten. Dazu gehören unter anderem Seelachs, Schweinefilet, Erdnüsse, Sojabohnen, Datteln, Bananen und Haferflocken.
Gute Fette
Ohne Fette geht es nicht, doch es sollten die richtigen sein. Sie schenken Energie, verbessern die Hormonproduktion und sorgen für eine bessere Stimmung. Die Gehirnfunktionen werden unterstützt. Ungesättigte Fettsäuen (in Raps-, Distel- und Olivenöl) schützen zudem vor Darmkrebs. Zu den Lieferanten von guten Fetten zählen besonders Lachs, Tunfisch, Avocados, Mandeln, Walnüsse und Kürbiskerne.
Bedeutung von Probiotika und Präbiotika
Probiotika, die gesundheitsfördernde lebende Bakterienstämme enthalten, helfen, die Regeneration der Darmflora zu beschleunigen. Sie stärken die Barrierefunktion des Darms. Krankheitserreger können besser in Schach gehalten werden. Darüber hinaus stellen einige Probiotika Substanzen her, die helfen, die Nervenzellen gesund zu erhalten.
Anders als Probiotika sind Präbiotika keine lebenden Organismen, sondern weitgehend unverdauliche Nahrungsbestandteile, die den nützlichen Bakterien im Darm als Nahrung dienen. Präbiotika kommen beispielsweise in Spargel, Knoblauch, Tomaten, Erbsen, Chicorée, Sojabohnen und Topinambur vor.
Bewegung, Stressmanagement und Schlaf
Bewegung hält den Darm auf Trapp. Schon zwanzig Minuten leichte Bewegung täglich können einen großen Unterschied machen. Denn die Muskulatur der Darmwand wird stimuliert, die Darmentleerung angeregt. Außerdem haben zahlreiche Studien ergeben, dass regelmäßiger Sport das Darmkrebs-Risiko senkt. Besonders geeignet sind Ausdauersportarten wie Walken, Joggen oder Schwimmen.
Aber auch mit einem guten Stressmanagement und ausreichend Schlaf, erweist man seinem Darm einen guten Dienst. Darm, Hirn und Verdauungstrakt sind eng miteinander verbunden. Stehen wir unter Stress, verlangsamt sich unser Verdauungssystem. Dies kann in einigen Fällen zu einem Reizdarmsyndrom führen. Umso wichtiger ist es, Malzeiten in Ruhe zu sich zu nehmen. Außerdem helfen regelmäßige Entspannungsübungen wie Gymnastik und Yoga, um das Wohlbefinden zu verbessern.
Forschung und Ausblick
Zahlreiche Forschungsergebnisse lassen inzwischen keinen Zweifel mehr daran, dass das Darmmikrobiom eine zentrale Rolle bei der Regulierung körpereigner Hormone spielt. Als unstrittig gilt zudem, dass ein enger Zusammenhang zwischen einer gestörten Darmflora und den oft sehr belastenden Wechseljahrbeschwerden von Frauen beseht. Dem kann auf vielfältige Weise entgegengewirkt werden. Dennoch geschieht in Deutschland zum Thema Frauengesundheit noch immer viel zu wenig. Forschung, Politik und gesellschaftliche Aufklärung sind längst nicht so weit fortgeschritten, wie sie es sein könnten – und sollten. Ein Grund dafür ist die Tatsache, dass Lehre, Forschung und Versorgung bei ihrer Arbeit immer noch vom männlichen „Normkörper“ ausgehen. Frauen werden häufig einfach nicht mitgedacht. Die Folgen sind fatal. Erkrankungen werden falsch oder zu spät diagnostiziert. Deutschland im Jahre 2025 ist leider noch immer weit entfernt sowohl von einer gendergerechten Medizin als auch von einer gendergerechten Gesundheitspolitik. Dies sollte sich in Zukunft unbedingt ändern, damit alle Menschen, egal welchen Geschlechts, gleichermaßen gut behandelt und versorgt werden.
Fazit
Eine gesunde Darmflora ist überaus wichtig. Sie wirkt als Entzündungshemmer, stärkt die Darmbarriere und hat großen Einfluss auf den Hormonhaushalt, auch und besonders in den Wechseljahren. So ist das Darmmikrobiom maßgeblich für den Abbau und das Ausscheiden verbrauchter Östrogene verantwortlich. Die Darmflora kann ihren Aufgaben aber nur nachkommen, wenn sie gesund ist. Gerade in den Wechseljahren ist die Pflege der Darmgesundheit deshalb besonders wichtig, zumal die Vielfalt des Mikrobioms in dieser Zeit durch die hormonellen Veränderungen ohnehin geringer wird. Mithilfe der richtigen Ernährung, durch ausreichend Bewegung und gutes Stressmanagement ist es möglich, die Darmflora zu unterstützen. Tatsächlich können diese Faktoren der Schlüssel dafür sein, dass der Gesundheit der Frau endlich mehr Beachtung geschenkt wird und Wechseljahrbeschwerden vielleicht bald der Vergangenheit angehören.